Gemeinsam mit der Professur für Deutsche Landesgeschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen bietet das Hessische Institut für Landesgeschichte seit einigen Jahren eine Veranstaltung für Landeshistorikerinnen und Landeshistoriker an. Zu den Teilnehmern gehören traditioneller Weise neben wissenschaftlichen Nachwuchskräften und Absolventen Berufstätige aus dem universitären Spektrum, aus Archiven, Museen, Schulen, dem kirchlichen Bereich oder dem Personenstandsarchiv. Sie alle dokumentieren durch ihre Teilnahme Interesse an der interdisziplinären Veranstaltung, deren Ziel die Vernetzung von Forschung und Lehre mit Berufspraxis ist.
Zum Auftakt des diesjährigen Kolloquiums wurden zwei Referate mit erziehungs- bzw. bildungshistorischer Ausrichtung gehalten: Zunächst fragte Ann-Kathrin Wächter (Gießen), „Zum Herrscher geformt? Die Erziehung Stolberger Grafensöhne am Ende des Mittelalters“ an einem markanten Fallbeispiel nach den Ausbildungskriterien an Fürstenhöfen um 1500. Hinweise auf obrigkeitliche Regulierungsbestrebungen des akademischen Betriebs fand Christina Stehling (Marburg) in den Quellen des Universitätsarchivs, die sie unter dem Titel „‚Allzuhäufiges Studieren‘. Studienbeschränkungen im 18./19. Jahrhundert und ihre Bedeutung für die Marburger Universität“ vorstellte. Dr. Anika Magath und Dr. Gerrit Himmelsbach (Würzburg) stellten „Das Unterfränkische Institut für Kulturlandschaftsforschung an der Universität Würzburg/Archäologisches Spessart-Projekt (ASP)“ vor. Gleich drei Referenten wandten sich aus unterschiedlichen Perspektiven zentralen Themen des 16. Jahrhunderts zu: Daniel Pfeifer (Tübingen) referierte über „Die Fürstpropstei Ellwangen zwischen Reformationsbewegung, Bauernkrieg und drohender Säkularisation“, Carina Müller (Gießen) über „Selbstbild und Fremdbilder im Tagebuch Wolrads II. von Waldeck zum Augsburger Reichstag 1548“. Einen institutionengeschichtlichen Ansatz verfolgte Lena Frewer (Gießen), als sie über „Das Reichskammergericht als Institution der Versicherheitlichung im 16. Jahrhundert – Eine Akteneinsicht“ sprach. Weitgehende Terra incognita betrat Simon Dietrich (Dillenburg/Marburg) mit seinem wirtschaftshistorischen Beitrag „Der vormoderne Bergbau im Dillgebiet (15.–18. Jahrhundert). Montanhistorische Schlaglichter und Forschungsperspektiven“. Der abschließende kunsthistorische Vortrag von Dr. Yvonne Rickert (Gießen), „Moderne und Mittelalter – Hugo von Ritgens Wirken in Hessen und Thüringen“ machte eindrucksvoll die interdisziplinäre Ausrichtung des Kolloquiums deutlich.
An alle Beiträge schlossen sich lebhafte, bisweilen kontroverse Diskussionen an, aus denen nicht nur die Referentinnen und Referenten Anregungen für ihre Projekte ziehen können. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Christine Reinle (Gießen) und Prof. Dr. Ulrich Ritzerfeld (Marburg/Gießen) moderiert. Das nächste Landesgeschichtliche Kolloquium findet am Ende des Wintersemesters 2024/25 statt, Details werden rechtzeitig bekanntgegeben.