Vortrag

Alte Karten und Pläne liefern wichtiges Material für die moderne Denkmalpflege

Am 27. Februar beschäftigte sich eine Fachtagung des Landesamtes für Denkmalpflege in Hessen in Friedberg mit der vertieften Untersuchung der historischen Ortskerne

Im Arbeitsbereich „Städtebauliche Denkmalpflege“ des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen wird mit der Städtebaulich-Denkmalpflegerischen Aufnahme (SDA) ein wirksames Instrument für eine vertiefte, ganzheitliche Untersuchung entwickelt. Darin werden der historische Baubestand und historische Strukturen der Altstädte erfasst, bewertet und anwenderfreundlich dargestellt. Die SDA dient als Grundlage für eine nachhaltige, substanzorientierte Entwicklung unter Erhalt der identitätsstiftenden Bauten und Strukturen in den Städten. Im Rahmen der Fachtagung wurde das Konzept der SDA vor rund 150 Fachvertretern und Fachvertreterinnen interdisziplinär vorgestellt und diskutiert (Programm).Öffnet sich in einem neuen Fenster

Prof. Dr. Holger Th. Gräf beschäftigte sich in seinem Vortrag mit „Quellenlage und historischen Kartenbestände in Hessen“. Ein Blick in die vorliegenden Denkmaltopografien oder Parkpflegewerke zeigt, dass Karten und Pläne sowie historische Stadt- oder Gebäudeansichten bereits als unentbehrliche Quellengrundlage für die denkmalpflegerische Arbeit durchaus ernst genommen und regelmäßig genutzt werden. Nach einem kursorischen Überblick über die einschlägigen Bestände in den Staats- und Kommunalarchiven sowie einem Verweis auf die grafischen Sammlungen in einigen Museen und Bibliotheken konzentrierte er sich daher in erster Linie auf vier digital verfügbare Sammlungen deren Nutzen für die denkmalpflegerische Arbeit sich vielleicht nicht gleich auf den ersten Blick erschließt. So liefern beispielsweise die Wilhelmshöher Kriegskarten (HStAM, WHK) bereits für das 17. und 18. Jahrhundert für kleinere Orte überhaupt die ersten großmaßstäbigen Darstellungen und erlauben es unter anderem, teilweise lang zurückliegende Zerstörungen historischer Bausubstanz oder ehemalige Sichtachsen und dergleichen nachzuvollziehen. Der virtuelle Bestand der „Architekturzeichnungen im Hessischen Staatsarchiv Marburg“ (HStAM, Architekturzeichnungen) bietet mehr als 9.000 Blatt Architekturzeichnungen vom 16. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Zeichnungen dokumentieren Bauwerke und deren baulichen Wandel ganz unterschiedlicher Art. Das „Urkaster+“ ist ein laufend erweitertes digitales KartenangebotÖffnet sich in einem neuen Fenster des Hessischen Instituts für Landesgeschichte. Ein aus unterschiedlichen Fachbereichen stammendes Team recherchiert, scannt, georeferenziert, vektorisiert und programmiert um einen möglichst niedrigschwelligen Zugang zu den Katasterkarten seit dem 18. Jahrhundert zu ermöglichen. Die Inselkarten werden hier erstmals virtuell zusammengeführt und können dank der interaktiven Werkzeuge in noch nie dagewesener Form betrachtet, analysiert und genutzt werden. Gegenwärtig (Februar 2024) umfasst das Urkataster+ bereits rund 4.400 Kartenblätter für rund 140 Städte.
 

Ein weiteres digitales Angebot des HIL betrifft die topografischen KartenÖffnet sich in einem neuen Fenster von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1990er Jahre. Gerade durch die Möglichkeit der Überblendung unterschiedlicher Zeitstände lassen sich am Bildschirm die Veränderungen in der Topografie in Bezug auf die Verkehrsinfrastruktur, Flächennutzung, Dorfgrundrisse oder Gewässerläufe auch für den ländlichen Raum nachvollziehen. Damit liefert diese Anwendung ein wichtiges Arbeitsinstrument für die Kulturlandschaftspflege, die zunehmend in den Blick der Denkmalpflege genommen wird.
 

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