Bildschirmfoto der Anwendung Urkataster Plus mit einem Ausschnitt von Wetzlar. Es zeigt auf der rechten Seite das historische Kartenmaterial mit Lahn und Dill, der Bebauung des 19. Jahrhunderts und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Auf der linken Seite ist der angrenzende westliche Bereich mit der heute überbauten Dill, einer mehrspurigen Straße, Parkplätzen und Gebäuden im modernen Luftbild zu sehen

Wechselvolles Wetzlar

Historische Karten von Wetzlar ergänzen das Urkataster+-Projekt und liefern Einblicke in die bewegte Vergangenheit der ehemaligen Reichsstadt.

Das Urkataster+-Projekt hat jüngst einen weiteren Meilenstein erreicht: Mit Wetzlar sind nunmehr alle hessischen Städte mit Sonderstatus in der Anwendung vertreten. Neben Bad Homburg, Fulda, Gießen, Hanau, Marburg und Rüsselsheim ist somit auch die letzte dieser sieben kreisangehörigen Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern online.

Die Karten mehrerer Zeitschnitte verdeutlichen die turbulente Geschichte der ehemaligen Reichsstadt. Noch zu Zeiten des Dalberg'schen Primatialstaates begann 1806 die ursprüngliche Katasteraufnahme durch einen Oberlieutnant des Ingenieur-Korps, Joseph Leykam. 1810 kam Wetzlar zum neu gegründeten Großherzogtum Frankfurt hinzu und mit dessen Ende schon drei Jahre später mussten auch die Vermessungs- und Kartierungstätigkeiten unvollendet eingestellt werden. 1816 wurde die Stadt dann dem Königreich Preußen zugeschlagen, zunächst der Provinz Niederrhein, ab 1822 Rheinprovinz. Nach diesen großformatigen politischen Umwälzungen führte die neue Regierung 1824 schließlich die Katasterarbeiten fort. Die Geometer Roesen und Jentsch kopierten zu erheblichen Teilen die bereits vorhandenen Blätter; die Ortslage hingegen wurde erstmalig neu aufgenommen. 1825 lag die Gemarkung endlich komplett vor.

Die prekären Aufnahmeverhältnisse, bedingt durch Krieg und die raschen Regierungswechsel, spiegeln sich auch qualitativ durch große Ungenauigkeiten in der Winkel- und Streckenmessung in den Karten wider. Grenzänderungen, Feldbereinigungsverfahren, die industrielle Expansion und mehrere Neubaugebiete haben den Flurzuschnitt seit Anfang des 19. Jahrhunderts zudem massiv überformt. Sie machten die Georeferenzierung zunächst jüngerer, ebenfalls parzellengenauer Karten notwendig, weshalb jetzt zwei zusätzliche Übersichten – ein Gemarkungsplan von 1920-27 und ein Bebauungsplan von 1907 – die eigentlichen Urkataster ergänzen. Alle Originale befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden im Bestand 3011/2.